von Karl Krolow und Uta Franck
Karl Krolow
Ade
Du kommst so wie du gehst. Ich spür fast nichts:
so leicht ist deine Nähe. Und die Schritte
sind leicht, entbehren des Gewichts.
Lautlos bleibt alles. Ohne Worte und Bitte
siehst du mich an, sagst du Ade und nichts
verändert deine Art. Ist es nicht Sitte
in Märchen: dies Verhalten angesichts
der Liebe, das sich in der Mitte
von Zärtlichkeit und Scheiden hält?
Märchen sind anders. Wer dem Wahn verfällt,
daß es noch Wunder gibt, braucht nur zu sehn,
wie sprachlos bleiben Kommen oder Gehn,
der stille Abschied schließlich, dein Ade:
Geruch vom Sommerlaub. Im Winter Schnee.
Glückspfennig
Für einen Pfennig Glück. Das Spiel ist aus.
Das Spiel beginnt, sag ich, dreh mit dem Finger
die kleine Münze um. Bekomm heraus,
sag ich, den Unterschied: was zählt geringer,
Zahl oder Wappen? Welche Seite zeigt
das wahre Glück, den Zufall, Spiel genannt?
Das Glück ist einen Pfennig wert, liegt leicht
jetzt, wie zum Spiel, auf meiner Hand.
Ich spiele gern. Du nimmst als Talismann,
was ich im halben Ernst, im Spiel, dir gebe.
Du siehst mich lange und verwundert an
und sagst: ein Amulett für mich. Ich lebe.
Uta Franck
Süchtig
Nach Worten nach Händen von Kopf
bis Fuß ach wir lassen die Löwen-
zahnlampe leuchten wir löschen
sie aus wir werden uns auch
im Dunkeln erkennen
Sommertag
Das G-Dur Violinkonzert
von Mozart
ist eine Wiese
zur Mittagszeit.
Nein ich kann mir nicht
auf Befehl
einen Sommertag vorstellen.
Lieber geh ich nach draußen
laß mir die Sonne
auf Brust und Beine
brennen.
Die Hitze macht
den Kopf so schön leer.
Komm
auch bei Schnee!
Credo
Das Briefe-Spiel
und
in den Bauchnabel
pusten
die Körper-Antwort
und
keine Versprechungen
Abendrot
Viele rote Ampeln auf dem Weg zu dir
überfahren fieberten Lampen am
Straßenrand betrank sich die Sonne
als ich heimkam
Karin Fischer Verlag, Aachen 1990, 2. Auflage
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