Close

Auszug aus "Großvater Bär schläft"

von Uta Franck

Flirrende Hitze

Im Storchennest
hocken drei Junge
das Wasser ist
warm und weich
und hoch überm See
kreist der Rote Milan
die Fische springen
der Haubentaucher
neben mir
verschwindet kopfüber
im Wasser
Büsche und Bäume
am Gegenufer
überall Schilf
eine Wiese von Zannichellia
am seichten Uferrand


Was ich brauche

Ich brauche Jeans und ein T-Shirt
einen Badeanzug brauche ich nicht
da wo ich schwimme

Ich brauche ein Bett einen Tisch einen Stuhl
und Wasser und Feuer in der Küche
einen Fernseher brauche ich nicht

Ich brauche das Zirpen der Meisen
den Buchfinkenschlag und den Kranichschrei
das Feld mit Buchweizen und mit Gerste

Ich suche meinen See umgeben von Erlen
Weiden Pappeln und Eichen
setze mich auf die weiße Flocke einer Pappel
und schwebe über das Wasser

Zuletzt sinke ich in den See
vereint mit den Göttern
Die Sonne wirft goldene Netze aus

Sprache der Göttin

Am Seerosenplatz
im Kranichland
ziehen goldene Linien
durch das Wasser
wenn die Sonne scheint
und der Wind leise weht

Steinzeitmenschen
haben sie gesehen
haben Wellen und Netze
in den Fels geritzt
Wasser sollte das heißen
Quelle des Lebens

Die Vogelgöttin
schwamm auf dem See
tauchte unter
tauchte auf
brachte Leben
nahm es zurück

Großvater Bär schläft

Glambeckseegedichte 2010 -2017, Edition Pauer, Kelkheim 2018, ISBN 978-3-9818405-7-5

zurück zur Übersicht